• Bruttoinlandsprodukt - Kritik und alternative Messgrößen
  • Mariogriessenauer
  • 19.09.2023
  • WBS
  • E (Expertenstandard)
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Kri­tik am Brut­to­in­lands­pro­dukt

Wie wir be­reits ge­lernt haben, ist das Brut­to­in­lands­pro­dukt eine Mess­grö­ße zur Er­mitt­lung der wirt­schaft­li­chen Leis­tung einer Volks­wirt­schaft in einem Jahr. Es ist eine gute Kenn­zahl, um zu

Be­ob­ach­ten, ob die wirt­schaft­li­che Leis­tung eines Lan­des ge­stie­gen oder ge­fal­len ist. Des­halb wird es nicht nur in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land oder der Eu­ro­päi­schen Union be­nutzt, son­dern wird welt­weit an­ge­wen­det.

Doch es gibt auch Kri­tik am Brut­to­in­lands­pro­dukt, da es zwar die Stei­ge­rung oder den Rück­gang der volks­wirt­schaft­li­chen Leis­tung gut misst, aber doch Schwä­chen hat.



Kri­tik­punk­te am Brut­to­in­lands­pro­dukt sind:



-Das Brut­to­in­lands­pro­dukt ist kein um­fas­sen­der Wohl­stands­in­di­ka­tor

Bei der Er­mitt­lung des Brut­to­in­lands­pro­duk­tes spie­len die Ver­tei­lung des er­wirt­schaf­te­ten, sowie so­zi­a­le Ge­rech­tig­keit im Ge­sam­ten keine Rolle. Es könn­te sogar sein, dass trotz stei­gen­dem

Brut­to­in­lands­pro­dukt die so­zi­a­le Un­ge­rech­tig­keit in einem Land steigt. Es misst also nicht, wie gut es den ein­zel­nen Bür­ge­rin­nen und Bür­gern fna­n­zi­ell bzw. ma­te­ri­ell geht.



-Das Brut­to­in­lands­pro­dukt misst nicht jede Wert­schöp­fung in einem Land

Es wer­den nur jene Güter und Dienst­leis­tun­gen in die Er­mitt­lung des Brut­to­in­lands­pro­duk­tes ein­be­zo­gen, wel­che re­gu­lär über die Märk­te an­ge­bo­ten wer­den. Es gibt aber auch Ar­bei­ten, die un­ent­gelt­lich er­le­digt wer­den und somit nicht in die Er­mitt­lun­gen ein­flie­ßen. Dies sind zum Bei­spiel Haus- oder Gar­ten­ar­beit wie das An­pflan­zen von ei­ge­nem Ge­mü­se oder das Ein­ko­chen von Mar­me­la­de aus selbst an­ge­bau­tem Obst. Auch Pfle­ge von er­krank­ten oder äl­te­ren Fa­mi­li­en­mit­glie­dern, was durch­aus eine harte Ar­beit sein kann wird nicht be­rück­sich­tigt. Zudem ist hier die Schwarz­ar­beit zu nen­nen. Das be­deu­tet, dass Men­schen gegen Be­zah­lung ar­bei­ten, ohne das für diese Ar­beit ein Ver­trag ge­schlos­sen und eine Rech­nung ge­stellt wird um Steu­ern dafür nicht zah­len zu müs­sen - ob­wohl das straf­bar ist! Alle hier ge­nann­ten Ar­bei­ten wer­den, da sie nicht als be­zahl­te Ar­beit an­ge­ge­ben wer­den nicht in das Brut­to­in­lands­pro­dukt ein­be­zo­gen.





-​Umweltschäden wer­den nicht be­rück­sich­tigt

Viele Be­trie­be und Un­ter­neh­men ver­ur­sa­chen mit der Pro­duk­ti­on ihrer Güter und Dienst­leis­tun­gen Um­welt­ver­schmut­zung. Dies könn­te der Aus­stoß kli­ma­feind­li­cher Treib­haus­ga­se durch Schorn­stei­ne einer Fa­brik sein, oder gif­ti­ge Che­mi­ka­li­en im Ab­was­ser durch die Ein­fär­bung

un­se­rer Klei­dung in der Tex­til­in­dus­trie. Auch die Ge­win­nung von Me­tal­len oder sel­te­nen Erden zur Pro­duk­ti­on von Akkus oder an­de­ren Elek­tronik­ge­rä­ten kön­nen schwe­re Um­welt­schä­den mit sich brin­gen. In das Brut­to­in­lands­pro­dukt wird al­ler­dings al­lei­ne der Er­trag durch die Pro­duk­ti­on, nicht aber die Um­welt­zer­stö­run­gen be­rück­sich­tigt.

-​Negative Er­eig­nis­se kön­nen zu einem stei­gen­dem Brut­to­in­lands­pro­dukt bei­tra­gen

Ge­scheh­nis­se wie das Ein­stür­zen einer Brü­cke oder Un­fäl­le im Stra­ßen­ver­kehr sind schlim­me

Er­eig­nis­se die man kei­nem Men­schen wünscht, trotz­dem pas­sie­ren sie welt­weit täg­lich. Auch wenn diese für Men­schen schreck­li­che Aus­wir­kun­gen haben kön­nen, flie­ßen diese po­si­tiv in das Brut­to­in­lands­pro­dukt ein. Denn eine ein­ge­stürz­te Brü­cke, die wie­der auf­ge­baut wird, oder ein Auto, dass re­pa­riert oder neu ge­kauft wird ist ein neu er­schaf­fe­ner Wert, der als Stei­ge­rung ein­be­rech­net wird.



-Die Zu­sam­men­set­zung des Brut­to­in­lands­pro­duk­tes spielt keine Rolle

Bei der Er­rech­nung des Brut­to­in­lands­pro­duk­tes spielt es keine Rolle, wel­che Güter oder Dienst­leis­tun­gen er­stellt wer­den. Alle Güter und Dienst­leis­tun­gen zäh­len ihrem ent­spre­chen­den Wert nach gleich in die Be­rech­nung mit ein, egal, ob es pro­du­zier­te Le­bens­mit­tel oder Dienst­leis­tun­gen wie das Be­reit­stel­len von öf­fent­li­chem Per­so­nen­nah­ver­kehr oder die Pro­duk­ti­on von Pan­zern und an­de­ren Kriegs­ge­rä­ten sind. Alle flie­ßen in glei­cher Weise ein, ob­wohl ihre Aus­wir­kun­gen für die Men­schen un­ter­schied­li­cher nicht sein kön­nen.



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Nun haben wir viel über die Schwä­chen des Brut­to­in­lands­pro­dukts ge­lernt. Setze dich nun mit einem Part­ner zu­sam­men und sprecht dar­über, wel­che Kri­te­ri­en eine al­ter­na­ti­ve Mess­grö­ße be­inhal­ten soll­te und wel­che Punk­te even­tu­ell nicht be­rück­sich­tigt wer­den soll­te.
No­tiert eure Er­geb­nis­se hier.

Al­ter­na­ti­ve Wohl­stands­in­di­ka­to­ren

Viele Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler oder Or­ga­ni­sa­ti­o­nen haben aus den eben er­läu­ter­ten Grün­den Vor­schlä­ge für al­ter­na­ti­ve Wohl­stands­in­di­ka­to­ren ent­wi­ckelt. Hier ein paar Bei­spie­le, wie wir un­se­ren Wohl­stand auf an­de­rem Wege mes­sen könn­ten.



-​Better-Life-Index

Der BLI ist kein ab­so­lu­tes Ran­king. Hier dür­fen Nut­zer 11 In­di­ka­to­ren nach ei­ge­ner Wich­tig­keit fest­le­gen. In­di­ka­to­ren in die­ser Mess­grö­ße sind Ar­beit und deren Be­din­gun­gen, Bil­dung, Ein­kom­men, Ge­sund­heit, Le­bens­zu­frie­den­heit, Mit­wir­kung an de­mo­kra­ti­schen Pro­zes­sen, Si­cher­heit, so­zi­a­ler Zu­sam­men­halt, Um­welt, Woh­nen und Work-​Life-Balance.



-​Happy-Planet-Index

Der HPI be­wer­tet Län­der da­nach, wie gut sie Ihren Bür­ge­rin­nen und Bür­gern ein lan­ges, glück­li­ches Leben im Rah­men der pla­ne­ta­ren Res­sour­cen er­mög­li­chen. Hier bil­det als Ge­gen­ent­wurf zum Wachs­tums­mo­dell des BIP nicht die volks­wirt­schaft­li­che Stei­ge­rung des ma­te­ri­el­len Wohl­stan­des, son­dern Le­bens­er­war­tung, emp­fun­de­nes Wohl­erge­hen der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger und der öko­lo­gi­sche Fuß­ab­druck der Volks­wirt­schaft die Basis.



-​Human-Development-Index

Beim HDI wer­den drei Di­men­si­o­nen kom­bi­niert und ge­mes­sen. Im Zen­trum ste­hen hier die Le­bens­er­war­tung, die Bil­dung an­hand der durch­schnitt­li­chen An­zahl an Schul­jah­ren der Bür­ge­rin­nen und Bür­ger und die von In­län­dern pro­du­zier­ten Gü­tern und Dienst­leis­tun­gen pro Kopf.



-​Nationaler Wohl­fahrt­in­dex Beim

NWI wer­den zu dem Wert der er­brach­ten Leis­tung einer Volks­wirt­schaft auch Um­welt­kos­ten und der Ver­brauch nicht er­neu­er­ba­rer En­er­gien er­fasst. Eben­falls wer­den hier so­zi­a­le Fak­to­ren wie Eh­ren­amt, Ar­beit im Haus­halt sowie volks­wirt­schaft­li­che Kos­ten, die durch Kri­mi­na­li­tät ent­ste­hen be­rück­sich­tigt.







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In die­sem Ab­schnitt haben wir ver­schie­de­ne Al­ter­na­ti­ven zum Brut­to­in­lands­pro­dukt ken­nen­ge­lernt. Setz dich nun mit einem Part­ner zu­sam­men und be­sprecht, wel­che Punk­te zur Mes­sung des Wohl­stan­des euch be­son­ders wich­tig sind und er­mit­telt unter den Ge­ge­be­nen Al­ter­na­ti­ven einen Ge­win­ner. No­tiert eure Er­geb­nis­se hier.
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