Geradengleichungen aufstellen
Die Abbildung zeigt die Punkte A(2∣4) und B(6∣3). Durch diese beiden Punkte soll die Gerade g gelegt werden.
Zum Aufstellen der Geraden werden ein Stützvektor und ein Richtungsvektor benötigt. Bei dem Stützvektor handelt es sich um einen Ortsvektor zu einem beliebigen Punkt auf der Geraden. Dafür kann der Ortsvektor a verwendet werden.
Als Richtungsvektor eignet sich jeder Vektor, der parallel zur Geraden verläuft. Es handelt sich also um einen beliebigen Verbindungsvektor von zwei Punkten auf der Geraden wie den Vektor AB.
AB
a
Neben den beiden Vektoren wird noch ein Parameter benötigt. Dafür werden häufig die Buchstaben r, s oder t benutzt.
Die Geradengleichung lautet dann:
g:x=a+r ⋅AB
g:x=( 24)+r ⋅( 4-1), mit r ϵ R
x stellt in der Gleichung einen Ortsvektor zu einem beliebigen Punkt auf der Geraden dar.
Für den Parameter können beliebige Zahlen eingesetzt werden. Für jede Zahl, die eingesetzt wird, wird ein anderer Punkt auf der Geraden beschrieben. So kann zum Beispiel der Punkt C beschrieben werden, indem für r=2 eingesetzt wird:
c=( 24)+2 ⋅( 4-1)=( 102)
C (10∣2)
Das Einsetzen von r=2 sorgt dafür, dass der Richtungsvektor AB zweimal zurückgelegt wird und so der Punkt C beschrieben wird, der von A doppelt so weit entfernt ist wie B.
AB
AB
a
Eine Punktprobe durchführen
Um zu untersuchen, ob ein Punkt auf einer Geraden liegt, wird eine Punktprobe durchgeführt. Dafür wird der Ortsvektor des Punktes für x in die Geradengleichung eingesetzt. Wenn es einen Parameter gibt, mit dem die Gleichung lösbar ist, liegt der Punkt auf der Geraden.
Beispielaufgabe
Gegeben sind die Punkte A (2∣-2∣1) und B (5∣-12∣10) sowie die Gerade g. Untersuche, ob die Punkte A und B auf der Geraden liegen.
g:x= 10-2+r ⋅ 2-46
Untersuchung von Punkt A
Um zu prüfen, ob der Punkt A auf der Geraden liegt, wird der Ortsvektor a in die Geradengleichung für den Vektor x eingesetzt:
2-21= 10-2+r ⋅ 2-46
Es ergibt sich ein LGS mit drei Gleichungen und einer Variablen. Alle Gleichungen werden nach der Variablen aufgelöst:
I.II.III. 2 -21===10-2 + − +2r4r6r ∣−1 ∣+2
I.II.III. 1 -23=== 2r-4r6r ∣:2 ∣:(-4) ∣:6
I.II.III. 0,50,50,5=== rrr
Da sich in allen drei Gleichungen der gleiche Wert für r ergibt, ist das LGS eindeutig lösbar. Der Punkt A liegt auf der Geraden g.
Schau dir genau an, wie eine Vektorgleichung in ein Gleichungssystem umgewandelt wird. Das wirst du häufiger benötigen.
Untersuchung von Punkt B
Um zu prüfen, ob der Punkt B auf der Geraden liegt, wird der Ortsvektor b in die Geradengleichung für den Vektor x eingesetzt:
5-1210= 10-2+r ⋅ 2-46
Wie schon bei der Untersuchung von Punkt A ergibt sich wieder ein LGS mit drei Gleichungen und einer Variablen. Alle Gleichungen werden nach der Variablen aufgelöst:
I.II.III. 5 -1210===10-2 + − +2r4r6r ∣−1 ∣+2
I.II.III. 4 -1212=== 2r-4r6r ∣:2 ∣:(-4) ∣:6
I.II.III. 232=== rrr
Der Wert in der zweiten Gleichung weicht von den beiden anderen Werten ab. Das LGS hat eine leere Lösungsmenge. Somit liegt der Punkt B nicht auf der Geraden.
Lagebeziehungen von Geraden
Zwei Geraden können unterschiedlich zueinander liegen. Dabei werden vier Fälle unterschieden:
Die beiden Geraden sind identisch. Sie können trotzdem unterschiedliche Geradengleichungen haben.
Die beiden Geraden verlaufen parallel.
Die beiden Geraden schneiden sich. Sie haben genau einen gemeinsamen Schnittpunkt.
Die beiden Geraden sind windschief. Sie haben keinen gemeinsamen Punkt.
Um zu untersuchen, welcher der vier Fälle vorliegt, werden die beiden Geradengleichungen nach dem folgenden Schema untersucht:
Sind die Richtungs-vektoren der Geraden linear abhängig, also Vielfache voneinander?
ja
nein
Liegt ein beliebiger Punkt der einen Geraden auch auf der anderen Geraden?
Haben die Geraden einen Schnittpunkt?
ja
nein
ja
nein
Die Geraden sind identisch.
Die Geraden sind parallel.
Die Geraden schneiden sich.
Die Geraden sind windschief.
Zwei Vektoren sind linear abhängig, wenn sie parallel zueinander verlaufen. Sie müssen nicht in ihrer Länge und auch nicht ihrer Orientierung übereinstimmen. Linear abhängige Vektoren lassen sich durch Multiplikation mit einem Faktor k ineinander überführen.
36-9=3 ⋅ 12-3 Diese beiden Vektoren sind linear abhängig.
Beispielaufgabe
Untersuche, wie die Geraden zur Geraden g liegen.
g:x= 21-3+r ⋅ 103
a) h:x= 413+s ⋅ 206
b) i:x= 324+s ⋅ 206
c) j:x= 619+s ⋅ 311
d) k:x= 629+s ⋅ 311
a) Untersuchung der Geraden h
Laut Schema ist der erste Schritt bei der Untersuchung von Lagebeziehungen die Prüfung, ob die Richtungsvektoren linear abhängig sind. Dafür wird untersucht, ob es einen Faktor k gibt, mit dem sich der eine Richtungsvektor in den anderen überführen lässt.
103=k ⋅ 206
k=0,5
Die Richtungsvektoren sind linear abhängig. Daher geht es im Schema auf der linken Seite weiter. Um zu prüfen, ob ein Punkt der einen Geraden auch auf der anderen Geraden liegt, wird eine Punktprobe durchgeführt. Dafür wird der Stützvektor der ersten Geraden mit der zweiten Geraden gleichgesetzt:
21-3= 413+s ⋅ 206
s=-2
Die Punktprobe ist positiv.
Die beiden Geraden sind identisch.
Die lineare Abhängigkeit von Vektoren lässt sich oft auf einen Blick erkennen. Als Teil des Rechenweges muss dieser Schritt aber trotzdem notiert werden.
Für die Berechnung des Parameters wird die Vektorgleichung in ein LGS mit drei Gleichungen überführt. Diese werden dann alle nach dem Parameter aufgelöst. Die Punktprobe gilt nur als positiv, wenn in allen drei Gleichungen der gleiche Wert für den Parameter rauskommt.
b) Untersuchung der Geraden i
Wie schon bei a) gezeigt, sind die Richtungsvektoren linear abhängig.
103=k ⋅ 206
Nun wird auch hier eine Punktprobe durchgeführt:
21-3= 324+s ⋅ 206
Nach Umwandlung der Vektorgleichung in ein LGS ergibt sich ein Widerspruch beim Lösen des LGS. Die Punktprobe ist negativ.
Die beiden Geraden sind parallel.
Um zu verdeutlichen, dass das LGS nicht lösbar ist, wurde das Gleichheitszeichen durch ein Ungleichheitszeichen ersetzt.
Manchmal wird auch der Ausdruck „echt parallel“ verwendet, um diesen Fall stärker von dem Fall „identische Geraden“ abzugrenzen.
c) Untersuchung der Geraden j
Im ersten Schritt wird wieder untersucht, ob die Richtungsvektoren linear abhängig sind:
103=k ⋅ 311
Da kein Wert für k gefunden wird, geht es auf der rechten Seite des Schemas weiter. Der nächste Schritt ist die Untersuchung, ob die Geraden sich schneiden. Dafür werden die beiden Geradengleichungen gleichgesetzt:
21-3+r ⋅ 103= 619+s ⋅ 311
r=4;s=0
Die beiden Geraden haben einen gemeinsamen Schnittpunkt.
Hier wird ebenfalls ein Ungleichheitszeichen verwendet, um zu zeigen, dass die Gleichung nicht lösbar ist.
Auch diese Vektorgleichung lässt sich in ein LGS umwandeln. Dieses enthält drei Gleichungen und zwei Variablen. Es gilt nur als eindeutig gelöst, wenn die Werte für alle drei Gleichungen passen. Daher unbedingt an die Probe denken.
Fortsetzung von Teilaufgabe c)
Der Schnittpunkt der Geraden lässt sich bestimmen, indem entweder r oder s in die zugehörige Gerade eingesetzt wird. In beiden Fällen ergibt sich der gleiche Schnittpunkt. Hier wird r in die Gerade g eingesetzt:
s= 21-3+4 ⋅ 103= 21-3+ 4012= 619
S(6∣1∣9)
d) Untersuchung der Geraden k
Im ersten Schritt wird wieder untersucht, ob die Richtungsvektoren linear abhängig sind:
103=k ⋅ 311
Wie schon bei c) gezeigt, sind die Richtungsvektoren linear unabhängig. Somit wird geprüft, ob es einen Schnittpunkt gibt, indem die Geraden gleichgesetzt werden:
21-3+r ⋅ 103= 629+s ⋅ 311
Die beiden Geraden haben keinen gemeinsamen Schnittpunkt, sie sind windschief.
Die Vektorgleichung wird in ein LGS umgewandelt. Beim Lösen des LGS gibt es einen Widerspruch. Das wird durch Setzen des Ungleich-heitszeichens verdeutlicht.
In den Beispiellösungen sind die Rechenschritte auf das Wesentliche reduziert worden. Die Schritte zum Lösen der LGS sind nicht dargestellt worden, stellen aber einen wesentlichen Bestandteil des Lösungswegs dar.
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