Liebes Tagebuch,
ich bin es wieder, Suhada. Gestern hatte ich meinen 14. Geburtstag... Verrückt. Jetzt bin ich schon drei Jahre hier in Dhaka. Papa geht es immer noch nicht gut. Mit seiner Krankheit hat das ganze Unglück erst begonnen. Nur weil er nicht mehr arbeiten kann, bin ich überhaupt hier... Es fühlt sich schon gut an, mit meinem Verdienst meiner Familie helfen zu können, aber eigentlich würde ich jetzt viel lieber zuhause bei meinen Freunden sein und wie ein normales Kind in die Schule gehen.
Heute war wieder ein sehr arbeitsreicher Tag für mich. Wie fast jeder Tag in der Woche. In der Textilfabrik, in der ich arbeite, herrschen strenge Regeln. Ich muss sechs Tage die Woche arbeiten, immer zwischen 10 und 14 Stunden. Von morgens bis abends nähe ich T-Shirts zusammen, die dann teuer in Europa verkauft werden. Heute habe ich um 6 Uhr angefangen und kam erst wieder um 22 Uhr nach Hause. Mein Vorarbeiter hat mich nicht nach Hause gelassen. Ich hasse es, dass ich den Vorgesetzten in der Fabrik so hilflos ausgeliefert bin. Wenn der Vorarbeiter sagt, dass ich noch länger bleiben muss, dann muss ich eben noch länger bleiben. Wenn ich die Überstunden wenigstens bezahlt bekommen würde... Meine Freundin hat sich letzten Monat gegen den Vorarbeiter gewehrt und wurde direkt entlassen... Wir sind eben sehr austauschbare Arbeitskräfte...
Morgen ist Zahltag. Vermutlich werde ich diesen Monat wieder umgerechnet knapp 25 Euro bekommen. Das wird auch dieses Mal nicht reichen... Ich muss wieder Miete bezahlen und Essen kaufen und will meiner Familie noch Geld aufs Land schicken. Sechs Tage in der Woche arbeiten dafür, dass ich kaum über die Runden komme... Ich bin verzweifelt...
Meine Augen tun mir heute wieder sehr weh. Ich bin einfach zu lange an der Nähmaschine gesessen. Vom Sitzen tut mir auch der Rücken weh und die schlechte Luft in der Fabrik und der viele Staub machen mir zu schaffen. Wenn die Pausen nur nicht so kurz wären... Ich bin todmüde... Ich hatte heute wieder so großen Hunger, dass ich mich gar nicht richtig konzentrieren konnte.
Beim Arbeiten musste ich heute oft auf die Toilette und wurde dafür direkt vom Vorarbeiter bestraft... Der ist so unangenehm. Die anderen Frauen und ich fühlen uns ganz oft belästigt. Er greift uns an den Hintern, er schreit oft sehr laut und wenn man sich dagegen wehrt, zieht er einem einfach den Lohn für einen ganzen Tag ab oder noch schlimmer...
Naja. Ich will mich nicht beschweren. Ich bin sehr froh, überhaupt eine Arbeit zu haben. Aber trotzdem wünsche ich mir, von meinem Lohn leben zu können. Ein besserer Arbeitsschutz und geregelte Arbeitszeiten wären auch dringend nötig... Es ist frustrierend, so ungerecht behandelt zu werden...
Deine Suhada
1) Wie beschreibt Suhada ihren Alltag?
2) In welcher Zwickmühle steckt Suhada?
3) Kannst du Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dir und Suhada feststellen?
SOZIALVERTRÄGLICHKEIT
Beschreibt das Ausmaß, in dem etwas gesellschaftlich verträglich ist, ohne dass es soziale Ungerechtigkeiten gibt.
Arbeitsbedingungen in Billiglohnländern sind z.B. nicht sozial verträglich. Es gibt Kinderarbeit, wenig Lohn und Gesundheitsschäden!
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